Er ist der erste Trainer unserer Hockey-Geschichte, der von dem Mann gefeuert worden ist, den er beim Club angestellt, den er gefördert und dem er geholfen hat, sein Chef zu werden. Gottérons Trainer-Entlassung ist ein klassischer «Königsmord». Nein, ums Leben ist niemand gekommen. Im übertragenen Sinne werden Personen, die zum Sturz ihres Vorgesetzten beigetragen haben, als «Königsmörder» bezeichnet.
Vor ein paar Tagen hat Gottérons Präsident Hubert Waeber bestätigt, was eigentlich immer klar war. Klar schien. Christian Dubé werde nicht gefeuert und bleibe Trainer.
Auf den Einwand, dass ihm Sportchef Gerd Zenhäusern nicht beantragen werde, den Trainer zu feuern. Das wüsste er doch als Präsident schon, oder?
Nun, Hubert Waeber wusste es nicht. Per sofort ist Christian Dubé freigestellt.
Hat Hubert Waeber gelogen? Nein. Der Sportchef hat ihn offensichtlich überzeugt. «Gerd Zenhäusern hat die Saisonanalyse profunder gemacht, als das bei uns früher der Fall war. Er ist zum Schluss gekommen, dass jetzt der Zeitpunkt zum Trainerwechsel gekommen ist. Wir haben ihm aufgetragen, eine neue Lösung aufzuzeigen.»
Dem Auftrag ist Gerd Zenhäusern nachgekommen. Assistent Patrick Emond übernimmt das Team nächste Saison und übergibt es im Frühjahr 2025 dem schwedischen Trainer Roger Rönnberg. Der Präsident sagt: «Dieser Lösung hat der Verwaltungsrat einstimmig zugestimmt.»
Die Kosten halten sich im Rahmen. Patrick Emond steht ja bereits als Assistent auf der Lohnliste. Der Präsident ergänzt, nun bekomme er nach der Beförderung zum Cheftrainer eine Lohnaufbesserung. Das gehöre sich so.
Es ist eine Entlassung und eine Nachfolgeregelung, wie sie nur im Kosmos Gottéron möglich ist. Bereits im Mai steht fest, dass im kommenden Frühjahr ein neuer Trainer kommt. Roger Rönnberg wird ab sofort bei der Teamzusammenstellung mitreden können. Das hat seine Logik. Hubert Waeber begründet die Absetzung von Christian Dubé so:
Christian Dubé ist 2011 als Spieler nach Fribourg gekommen.
Aber warum jetzt doch die Entlassung? «Es ist Zeit, einen neuen Zyklus zu beginnen», sagt der Präsident. «13 Verträge laufen aus und warum sollten wir bis Weihnachten warten? Spätestens bis Weihnachten müssten wir ja entscheiden, wer ab 2025 unser Trainer sein wird. Also haben wir das jetzt schon entschieden. Nun wissen die Spieler, woran sie bei uns sind.» Und am Herzen liegen dem Präsidenten und seinem Sportchef die Förderung junger Talente.
Roger Rönnberg wird im nächsten Frühjahr seine 13. Saison bei Frölunda beenden – er wird dann so lange beim schwedischen Spitzenclub gedient haben wie Christian Dubé bei Gottéron als Spieler, Sportchef und Trainer. Göteborg gibt ihn erst nach Vertragsende im nächsten Frühjahr frei. Deshalb wartet Gottéron eine Saison auf ihn. Das ist wahre Hockey-Romantik. Patrick Emond wird ein guter Platzhalter sein: Er hat Servette 2021 in den Final gegen Zug geführt.
Die Absetzung eines Trainers ist noch kein Shakespeare-Drama. Aber die von Christian Dubé schon. Er ist der erste Trainer unserer Hockey-Geschichte, der von dem Mann gefeuert worden ist, den er beim Club angestellt, den er gefördert, den in der vergangenen Saison zu seinem Assistenten gemacht hat. Damit er ihn in der Doppelfunktion Sportchef/Trainer entlasten kann. Und als entschieden wird, dass Christian Dubé nächste Saison nur noch Trainer und nicht mehr Sportchef sein wird, hat Christian Dubé ausdrücklich Gerd Zenhäusern zur Beförderung empfohlen und ihn sozusagen zu seinem Chef gemacht.
Und nun ist Gerd Zenhäuserns erste Amtshandlung die Entlassung seines Förderers und Mentors, dessen Vertrag noch bis zum Ende der nächsten Saison gelaufen wäre. «Nicht Entlassung», präzisiert Hubert Waeber. «Nur Freistellung.» Gerd Zenhäusern hat sich also mit einem Donnerschlag in seinem Amt eingeführt.
Christian Dubé hat Gerd Zehnhäusern unterschätzt. Hubert Waeber sagt auf eine entsprechende Frage, Christian Dubé habe die Entlassung gelassen entgegengenommen. «Er ist ein Sportsmann und hat das sportlich genommen.» Aber überrascht sei er schon gewesen.
Hat es Christian Dubé wirklich sportlich genommen? Er hat zumindest Haltung bewahrt. Aber auf die Frage, wie er denn die ganze Geschichte sehe, sagt er:
Christian Dubé geht als der perfekte Gottéron-Trainer in die Geschichte ein: Er hat zwar als Sportchef und Trainer nur eine einzige Halbfinalpartie gewonnen. Zuletzt hatte er die teuerste Mannschaft der Geschichte zur Verfügung. Und das Ziel war eigentlich, zum ersten Mal Meister zu werden.
Keine Frage: Der Kanadier hat sportlich versagt. Aber wenn es einen Klub gibt, der nicht von Siegen allein lebt, dann ist es Gottéron. Letzte Saison war jedes Heimspiel ausverkauft (100 Prozent Stadionauslastung). Zuvor betrug die Stadionauslastung 99,04 Prozent (2022/23) und 93,17 Prozent (2021/22). Gottéron rockte unter Christian Dubé.
Und letztlich können wir sagen: Wenn Gottéron selbst mit den Weltklassespielern Slawa Bykow und Andrej Chomutow nicht Meister werden konnte – wie sollte es dann Christian Dubé gelingen. Eben.
Die entscheidende Frage ist also nicht, ob Roger Rönnberg siegreich sein wird. Er weiss, wie man Titel gewinnt. Zumindest in Schweden. Da war er zweimal Meister und viermal gewann er die Champions Hockey League. Nun wechselt er mit 53 Jahren erstmals ins Ausland. In die Schweiz. Weil er hier fast doppelt so viel verdienen kann wie in Schweden. Es ist Zeit, etwas für die Altersvorsorge zu tun.
Aber kann der Schwede auch Unterhaltung?
Siege ohne Spektakel, Siege mit Schablonen-Hockey sind bei Gottéron schlimmer als Niederlagen. Und niemals vergessen: Mit einem Meistertitel würde Gottéron seine Seele verlieren: Wovon sollen dann die Fans in der faszinierendsten Traumfabrik unseres Hockeys träumen, wenn sie Meister geworden sind.
Es könnte sehr wohl sein, dass die Fans Christian Dubé noch vermissen werden.